Station 5 - Kartause Ittingen

Blitz und Donner - Die Kartause Ittingen geht in Flammen auf


Historische Hintergrundinformationen zur Kartause Ittingen

Am 18. und 19. Juli 1524 entlädt sich ein gewaltiges Gewitter über der Kartause Ittingen. Eine aufgebrachte Menschenmenge braust wir ein Orkan über das Kloster hinweg. Nach dem Sturm bleibt nur eine Brandruine zurück. Ittingen ist Schauplatz eines dramatischen Höhepunkts der schweizerischen Reformation und geht in die Geschichte ein.

Aber eins nach dem andern: Am frühen Morgen des 18. Juli 1524 poltern die Knechte des Landvogts an die Tür von Pfarrer Hans Öchsli in Burg bei Stein am Rhein. Er wird verhaftet und Richtung Frauenfeld abgeführt. Kirchenglocken alarmieren die Bevölkerung und etliche Leute nehmen die Verfolgung auf. Schlussendlich sind etwa 3000 Mann unterwegs. Als die Menge in der Nähe der Kartause Ittingen die Thur erreicht, endet die Verfolgungsjagd. Die Knechte des Landvogtes haben sich mit ihrem Gefangenen bereits auf der anderen Seite des Flusses in Sicherheit gebracht.

Die aufgebrachte Menge wendet sich nun gegen das nahe Kloster. Man will «ain Trunk thun». Es wird höflich angeklopft. Dann verschafft man sich gewaltsam Zugang zur Speisekammer. Es entlädt sich ein regelrechter Sturm über dem Kloster, die Emotionen kochen über. Es ist die Wut über die gescheiterte Befreiung des reformierten Pfarrer Öchsli. Es ist die gereizte religiöse Stimmung gegenüber dem Klosterleben. Und es ist die soziale Unzufriedenheit der Bauern.

Einige zerstören die heiligen Bilder und verbrennen Bücher. Andere veranstalten ein Saufgelage im Weinkeller. Wieder andere lassen das Wasser im Fischteich ab und braten die Fische über dem Feuer. Auch die Mönche bekommen ihr Fett ab. Man nimmt ihnen ihre Mönchskutten ab und zerschneidet sie.

Die Landbevölkerung will aber nicht nur Veränderungen des kirchlichen Lebens. Sie will auch das wirtschaftliche Joch abwerfen, das ihnen das Kloster auferlegt hat. Deshalb zerstören die Aufständischen alle Besitzurkunden, Pachtverträge und Herrschaftstitel des Klosters und brechen die Siegel. In den Augen der Leute haben Klöster als Institution und Herrschaft keine Existenzberechtigung mehr.

Die Plünderungen und Zerstörungen ziehen sich den ganzen Tag hin. Immer wieder kommt es zu spontanen Versammlungen, wo über das weitere Vorgehen beraten wird. Einige rufen die Menge dazu auf, gegen Frauenfeld zu ziehen, um Pfarrer Öchsli zu befreien. Einzelne mahnen zur Mässigung. Sie erklären, dass die Zeit gekommen sei, heimzukehren. Im Hintergrund versucht der Rat von Zürich, seinen Einfluss geltend zu machen. Er will eine weitere Eskalation verhindern. Schliesslich ziehen die Gemässigten unter den Klosterstürmern gegen Abend ab und übernachten in Stammheim.

Die Zurückgebliebenen schmieden militärische Pläne, die leicht in einer Katastrophe hätten enden können. Denn in der Zwischenzeit hat der Landvogt etwa 7000 Mann aus dem Oberthurgau zusammengerufen. Mit ihnen will er die Aufständischen in die Schranken weisen. Die Klosterstürmer bekommen Wind davon. Sie sind sich ihrer schwierigen Lage bewusst. Als am Dienstag, 19. Juli 1524, um fünf Uhr früh die Kartause Ittingen in Flammen aufgeht, findet der Ittingersturm seinen Höhepunkt und ein abruptes Ende. Wer das Kloster angezündet hatte, weiss man bis heute nicht.

Das ursprüngliche Ziel wird verfehlt. Die Befreiung von Pfarrer Öchsli scheitert. Die Kartause fällt den Bauern zum Opfer. Zum Glück kommt es nicht zum grossen Gemetzel. Es hat nicht viel gefehlt und es wäre zu einem Bürgerkrieg gekommen.


Übersichtskarte


So finden Sie die Kartause Ittingen:
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