Ittinger Himmelsleiter

Die steile Treppe durch den Rebberg zwischen der Kartause Ittingen und der katholischen Pfarrkirche St. Martin wurde im Frühjahr 2020 zur Himmelsleiter. Dieses Kunstprojekt ist Teil des Jubiläums 150 Jahre Landeskirchen im Kanton Thurgau und dauert vom 3. Mai 2020 bis 28. April 2021.

Die Kunstinstallation «Ittinger Himmelsleiter» trägt den Titel «Herr, neige den Himmel und komm herab» (Psalm 144,5). Einerseits will sie ein Ort des Staunens sein und zu einer spirituellen Erfahrung einladen. Andereseits will sie dazu anregen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob sakrale Kunst im Speziellen und Religion im Allgemeinen unter dem Vorzeichen einer zunehmend säkular geprägten Zeit im öffentlichen Raum präsent sein soll oder sich auf den privaten Bereich beschränken soll.

Für dieses Projekt konnte der Walliser Künstler Vincent Fournier gewonnen werden. Fournier hat selbst einen starken Bezug zum monastischen Leben. Mit einem Bein lebt er im Kapuzinerkloster in Sion. Fournier ist zwar kein Mönch. Er lebt mit seiner Familie im benachbarten St. Leonard. Aber jeden Morgen steht der ehemalige FCZ-Profifussballer in aller Herrgottsfrühe auf, um am Gebet der Mönche teilzunehmen. Im März und April lebt und arbeitet Vincent Fournier in einer ehemaligen Mönchsklause, die aus der Zeit der Kartäuser erhalten geblieben ist. So kann er sich spirituell auf den Ort und auf die Idee der Himmelsleiter einlassen. Auf der Homepage "foi et art contemporain" finden Sie nähere Angaben zum Künstler.

Der Künstler bemalt kleine Holzbretter in Blautönen und baut diese in die Stufen zwischen den Tritten ein. Von unten betrachtet hat dies zum Effekt, dass der Himmel gleichsam die Treppe herunterfliesst und sich wie ein Strom in die Landschaft ergiesst. Wer sich auf die Treppe stellt, wird Teil dieses Stromes.

Dazu kommt, dass die 185 Treppenstufen für ein ganzes Jahr stehen – eine Stufe für zwei Tage. Ein ganzer Jahreszyklus wird abgebildet mit religiösen Festen des Kirchenjahres und Gedenktagen an Heilige, an Menschen, die uns im Leben und im Glauben vorangegangen sind. Mit der Wolke der Zeugen können wir in guter Gesellschaft auf der Treppe auf- und absteigen. Es geht bei diesem Projekt also nicht nur um intellektuelle Gedankenspiele. Die Himmelsleiter kann zu einem Ort der Meditation werden, ein Ort der persönlichen spirituellen Erfahrung. Nicht im stillen Kämmerlein, sondern mitten in der Landschaft, die so zur göttlichen Landschaft wird.

Die "Ittinger Himmelsleiter" ist Teil der Ausstellung «Göttliche Landschaft – Zeitgenössische Kunst zu Glaube und Religion», welche im Rahmen des Jubiläums „150 Jahre Landeskirchen im Kanton Thurgau“ stattfindet. Im Rebberg der Kartause Ittingen und beim Kloster Fischingen setzen sich Künstlerinnen und Künstler mit dem Verhältnis von Staat und Kirche, bzw. Gesellschaft und Religion, auseinander. Mit diesen Objekten wird die Frage buchstäblich in den öffentlichen Raum gestellt, ob Religion im Thurgau lediglich Privatsache ist oder ob ihr auch eine gesellschaftliche Relevanz zukommen soll.

Das Werk ist ab dem 3. Mai 2020 bis zum 28. April 2021 jederzeit frei zugänglich. Bitte beachten Sie, dass der Weg nicht barrierefrei ist. Hier finden Sie eine kleine Übersichtskarte.

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